Andachten

Andacht                        Ende Mai 2021

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.       (Psalm 66,20)

Liebe Gemeindeglieder,
einer mindestens in der Kirche verbreiteten Anschauung nach muss es Zeiten gegeben haben, in denen Beten noch geholfen hat. Manchmal denke ich, das muss wohl schon ganz schön lang her sein. Manchmal denke ich sogar, dass Beten noch niemals geholfen hat, zumindest nicht, wie es sich manche Menschen nett, aber sehr naiv vorstellen: Man muss nur richtig, also inständig, heftig oder beharrlich genug beten, dann wird Gott einen schon erhören und es richten.
Wenn man diese Logik umkehrt, dann wäre die Beterin/der Beter letztlich selbst schuld, wenn das Anliegen des Gebets nicht erfüllt würde: man hätte dann eben falsch gebetet, nicht inständig, nicht beharrlich genug. Ein Gott, der auf solche Gebete reagierte, sich auf solches Beten einließe, wäre mir zumindest sehr suspekt. Es wäre eine Art magischer Gott, der sich auf kindliche Tausch-Rituale einließe.Und es wäre angesichts des Leides in der Welt eine trostlose Perspektive, wenn es allein von meinem Beten abhinge, ob ein Problem sich löst, eine Frage beantwortet wird, eine Krise geklärt würde.

Menschen, die mir raten, ich müsse nur richtig beten, machen mir Angst. Wenn ich irgendwo aus dem Leistungsanspruch und dem Leistungsdruck, der mich im Alltag überall umgibt, aussteigen kann, dann doch wohl hoffentlich im Glauben und im Gebet. Aber solche Gedanken sind nur die eine Seite. Auf der anderen glaube und weiß ich, dass Beten eben doch helfen kann. Dorothee Sölle hat einmal geschrieben: „Beten heißt, große Wünsche haben“. Nur wer noch Wünsche hat, ist noch nicht fertig mit sich und der Welt. Wer noch Fragen hat, sich nicht abfindet damit, dass vieles so ist, wie es ist, und dass vieles so bleiben soll, wie es angeblich schon immer war, wer nicht einverstanden ist mit seinem Unglück und der Ungerechtigkeit
um ihn herum, nur der ist noch lebendig. Sölle schreibt weiter: „Wer sein Unglück benennt, der fordert sein Glück.“ Und so denke ich, Beten kann vieles sein: Lob, Dank, Klage, Trauer, Hoffnung, Wut, ..., aber egal, was es ist, es zeigt immer auch: es ist mir nicht gleichgültig, was mir und anderen geschieht. Und im Gebet behalte ich diese Haltung nicht nur für mich selber, sondern spreche sie aus. Damit ist das Unglück noch nicht beseitigt und Glück noch nicht ausgebrochen.

Aber ich habe mein Verhältnis zu dem, was mich bewegt, ausgesprochen, bewusst gemacht, vielleicht gar geklärt. Beten verändert nicht die Welt, sondern die, die an der Veränderung mitwirken. Auf diese Weise hilft Beten eben doch, wenn auch anders, als viele es meinen. Mir hilft es so auch in diesen Zeiten der Pandemie. Ich habe Platz für meine Klage und Traurigkeit, aber auch Raum für die Schritte aufeinander zu und für den Blick auf die kleinen Freuden des Alltags.

Dietrich Bonhoeffer hat einmal geschrieben: Gott erfüllt nicht unsere Wünsche, aber all seine Verheißungen. Dafür kann man ihm danken, ihn loben; darauf kann man sich verlassen. So verstehe ich den Beter des 66. Psalms, wenn er sagt: Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. Amen.


Pfarrer Wolfgang Blöcker

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Andacht zum Monatsspruch Mai                                                                  Ende April 2021

Liebe Gemeindeglieder,
„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!“ – so lautet der Monatsspruch für den Monat Mai        (Sprüche 31,8)


„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!“, so rät eine Mutter ihrem Sohn, der inzwischen erwachsen geworden ist und viel Verantwortung übernommen hat, Verantwortung für ein ganzes Volk. Als König von Massa wird er im biblischen Buch der Sprüche bezeichnet, aus denen diese Worte stammen.

Mütterliche Ratschläge fallen nicht immer auf fruchtbaren Boden. Oft genug sind wir als Kinder genervt davon und gehen darüber hinweg. „Zieh nicht die Nase hoch!“, „Räum deine Sachen auf!“, so lauten solche Aufforderungen, aber die Ohren werden schon vor dem Hören „auf Durchzug geschaltet“.

„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!“, dieser Ratschlag der Mutter Lemuels, wie dieser erwähnte König von Massa heißt, ist anders, so meine ich; denn er versucht, die ganze Erfahrung der Mutter weiterzugeben.
Die Worte dieser Mutter wirken ein wenig wie Abschiedsworte, nun wird Lemuel, ihr Sohn, ins Erwachsenenleben, in seine Verantwortung als König entlassen. Sie erinnert ihn an das Rüstzeug, das sie ihm als Mutter mitgegeben hat, und daran, was die Maximen ihres Lebens waren. Daran, so hofft sie, wird er sich auch orientieren.

„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!“, das sind natürlich nicht nur Worte für Könige (und wie schön wäre es, wenn so manche Regierenden diesen Leitsatz wirklich zur Maxime ihres Handelns machen würden). Nein, natürlich sind das Worte sind für jede und jeden von uns gedacht, die „Normalen“, die nicht in der Regierung eines ganzen Landes sitzen. Verantwortung, wenn auch nur für einen überschaubaren Bereich, tragen wir alle. Und helfen würde es (das erfahren wir in dieser nun schon über ein Jahr dauernden Corona-Pandemie), wenn wir mit unserem Reden und Handeln nicht nur auf uns selbst schauen, sondern das Ganze im Blick behalten – und damit eben auch die Schwachen und Entrechteten, auch die, die sonst keine Stimme haben und von allen nur übergangen werden.

„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!“,
diese Worte fassen unsere Aufgabe als Kirche sowie als einzelne Christinnen und Christen gut zusammen. Und es ist doch Gott selbst, der dies gleichsam „vorgemacht“ hat – als Befreier aus der Sklaverei, als Anwalt der „Witwen und Waisen“, als Garant für Gerechtigkeit und Frieden!

„Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!“,
ein ursprünglich mütterlicher Rat an Lemuel, der nicht nur Ausdruck persönlicher Erfahrung ist, sondern der in der gesamten biblischen Tradition gründet. Ein guter Ratschlag. Für uns alle.
Schön, ja weltverändernd wäre es, wenn jede und jeder so seinen Bereich entdeckt, in dem er oder sie nicht verstummt, sondern für andere Wort und Partei ergreift. Dass ihnen und uns das gelingt, nicht nur im Monat Mai, das wünsche ich uns allen.


Pfarrer Wolfgang Blöcker

größtenteils übernommen von M. Zizelmann

 

 

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